Was ist Diabetes?
Hinter der Diagnose "Diabetes" verstecken sich zwei Erkrankungen, die im Prinzip eine völlig unterschiedliche Genese haben, aber dieselben Symptome. Der Name "Diabetes mellitus" stammt aus dem Griechischen und bedeutet soviel wie "honigsüßer Durchfluss". Hier lässt sich schon ein erstes Symptom erkennen, nämlich ein Ausscheiden von Zucker aus dem Körper durch den Urin. Bei einem gesunden Menschen passiert dies nicht. Beim Diabetes mellitus handelt es sich um eine Stoffwechselerkrankung. Wir unterscheiden zwei Arten: Diabetes mellitus Typ 1 (früher auch gerne "juveniler Diabetes" genannt) und Diabetes mellitus Typ 2 (auch heute noch als "Altersdiabetes" bezeichnet).
Bei fast allen Patienten macht sich der Diabetes durch starken Durst, vermehrtes Wasserlassen, Müdigkeit, Kraftlosigkeit, Konzentrationsstörungen und ungewollten Gewichtsverlust bemerkbar.
Diabetes mellitus Typ 1
Hierbei handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung. Das Immunsystem der Betroffenen zerstört die insulinproduzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse. Der menschliche Körper gewinnt Energie aus Kohlenhydraten, welche aus der Nahrung aufgenommen und zu Zucker umgewandet werden. Dieser Zucker ist die Energie, die die Zellen im Körper zum Funktionieren brauchen. Insulin wird vom Körper benötigt um die Energie in die Körperzellen zu transportieren. Insulin ist sozusagen der Schlüssel zu den Zellen. Er öffnet die Tür damit der Zucker hinein kann und die Zelle funktioniert. Bei Typ 1 Diabetikern fehlt dieser Schlüssel und muss daher extern, durch Injektion von Insulin, zugeführt werden.
Diabetes mellitus Typ 2
Bei Typ 2 Diabetikern wird in der Bauchspeicheldrüse noch Insulin produziert, aber es wirkt nicht mehr (sog. Insulinresistenz). Der Schlüssel für das Schloss ist verbogen und passt nicht mehr richtig. Zunächst kann der Körper dies durch eine erhöhte Insulinproduktion kompensieren, aber irgendwann funktioniert dieser Kompensationsmechanismus nicht mehr und den Körperzellen wird nicht mehr genügend Energie zur Verfügung gestellt obwohl eigentlich genügend Insulin vorhanden ist. Diese Erkrankung wird primär durch Gewichtsabnahme, sportliche Betätigung und Medikamente behandelt und erst, wenn diese keinen Erfolg bringen, durch Zuführung von Insulin.
Womit beschäftigt sich die Psychodiabetologie? Diabetes geht fast immer mit einer starken Beeinträchtigung der Lebensführung einher. Der Patient muss regelmäßig seinen Blutzucker kontrollieren, berechnen wieviele Kohlenhydrate seine Nahrung beinhaltet, berechnen wie viel Insulin er für die zu sich genommenen Kohlenhydrate spritzen muss, wie viel er plant sich in der nächsten Zeit zu bewegen, und vieles mehr. Obwohl diese Berechungen irgendwann automatisch erfolgen, stellen sie trotzdem eine Belastung dar. Viele Patienten erleben auch irgendwann eine Art Müdigkeit ständig "aufzupassen" und es gibt Phasen in denen der Blutzucker nur unregelmäßig kontrolliert wird oder schlechte Werte in Kauf genommen werden, weil einfach keine Lust mehr besteht sich zu kümmern. Hier kann die Verhaltenstherapie helfen wieder neue Motivation und neue Verhaltensweisen im Umgang mit dem Diabetes zu finden.
Gerade junge Typ 1 Diabetiker laufen Gefahr eine Essstörung zu entwickeln, das sog. "Insulin-Purging" (auch Diabulimie genannt). Dabei wird bewusst zu wenig Insulin gespritzt um Zucker über die Nieren auszuscheiden, welches zu einer Gewichtsabnahme führen kann. Allerdings wird damit auch der lebensbedrohliche Zustand der Ketoazidose in Kauf genommen und im Verlauf unter Umständen Folgeerkrankungen aufgrund eines dauerhaft zu hohen Blutzuckers. Wie bei andere Essstörungen ist es auch hier manchmal notwendig professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, um diese zu überwinden. Ängste, insbesondere vor Spritzen, vor dem "sticksen" oder vor der Applikation eines Blutzuckersensors können ebenfalls die Behandlung des Diabetes beeinflussen und auch hier kann eine Psychotherapie helfen und die Ängste verringern.
Beim Typ 2 Diabetes stehen oft die Themen gesunde Ernährung, Gewichtsverlust, sportliche Betätigung oder der Verzicht auf Nikotin im Vordergrund. Eine begleitende Psychotherapie kann helfen die gesetzten Ziele zu erreichen.
Neue Technologien halten auch bei der Behandlung des Diabetes Einzug. Während die Insulinpumpe schon lange auf dem Markt ist, sind die sogenannten kontinuierlichen Glukosemessgeräte (CGM) eine echte Neuerung, die den Patienten deutlich entlasten können. Allerdings bergen auch diese Systeme Gefahren; man wird mit einem sehr variablen Tagesprofil seiner Blutzuckerwerte konfrontiert, welches erst einmal sehr erschreckend sein kann. Auch kann es vorkommen, dass man zu schnell zu viel korrigiert und somit Hypo- und Hyperglykämien vermehrt auftreten. Somit gilt: auch der Umgang mit neuen Technologien will gelernt sein und alte Muster müssen überwunden werden. Auch hier kann eine Psychotherapie hilfreich sein.
Psychische Probleme, egal ob sie aufgrund des Diabetes bestehen oder eine andere Ursache habe, beeinflussen den Umgang mit der Erkrankung. Die Behandlung der psychischen Probleme sollte daher auch immer den Umgang mit dem Diabetes beinhalten. Daher ist es für die Psychotherapeutin unerlässlich sich mit Diabetes auszukennen.
Neben meiner psychotherapeutischen Ausbildung habe ich im vergangenen Jahr die Seminare der Arbeitsgemeinschaft Diabetes und Psychologie e.V. belegt und befinde mich in der Weiterbildung zur Fachpsychologin Diabetes (DDG) und zur Psychodiabetologin. In den Seminaren wurden die physiologisch-medizinischen und verhaltensmedizinischen Grundlagen des Diabetes behandelt. Mit anderen Worten: was ist Diabetes, wie entsteht er und wie wird er behandelt. Insbesondere lag der Schwerpunkt auf psychischen Problemen, die im Zusammenhang mit Diabetes auftreten können. Diese können von Burnout, Depression, Ängsten bzgl. Hypos oder vor Spritzen, bis zu praktischen Fragen (wie kann ich mich mehr bewegen, wie rede ich mit Freunden oder Kollegen über meinen Diabetes, wie verbessere ich meinem Umgang mit dem CGM uvm) reichen. Ich bin Mitglied im Qualitätszirkel Psychodiabetologie Hamburg, eine von der Landespsychotherapeutenkammer Hamburg akkreditierten, regelmäßig stattfindenden Veranstaltung.
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt keine Arztdiagnose.
Praxis für Psychotherapie, Coaching und Beratung
Dr. Sandra Kamping, Dipl.- Psychologin
Psychologische Psychotherapeutin (Verhaltenstherapie)
Colonnaden 18
20354 Hamburg (Neustadt)
Email: psychotherapie.kamping[at]gmail.com